Auf der Sitzung am 16. Juni 2016 hat sich der Auricher Kreistag mit großer Mehrheit selbst gerügt. Anlaß waren Informationen über das Abstimmungsverhalten über das Bürgerbegehren gegen die Zentralklinik, die angeblich von Mitgliedern oder Zuhörer*innen des Kreisausschusses an die Presse weitergegeben worden sein sollen (der genaue Wortlaut des Antrags der Kreisverwaltung steht weiter unten).
In einer Rede zum Antrag verwahrt sich die Grüne Fraktion gegen die Anschuldigungen des Landrates und kündigt an, dass sie eine Rüge nicht klaglos hinnehmen werden:
Was ist paradox?
Wenn eine Lachmöwe auf einer Heulboje sitzt. Wenn ein Ober am Unterarm ein Überbein hat … Die neue Variante:
Wenn in einer öffentlichen Sitzung der Verstoß gegen die Amtsverschwiegenheit gegeißelt werden soll.
Zweck der Nichtöffentlichkeit von Beratungen besteht lt. Thiele darin, dass die Ausschussmitglieder ihre Auffassung unabhängig von politischen Erwägungen unbefangen und umfassend äußern können, ohne Gefahr zu laufen, dass diese damit in die Öffentlichkeit gezogen werden und sich öffentlich rechtfertigen müssen (NKomm VG 40)
Stimmt: Wenn man in der Öffentlichkeit das eine sagt und hinter verschlossenen Türen das andere abstimmt, ist das unangenehm aber legitim. Und dass das nicht an die Öffentlichkeit soll auch. Das ist hier aber nicht der Punkt.
Eine Missbilligung dieser Art hat sich auf das Handeln einer konkreten Person zu beziehen. Da man diese nun aber nicht dingfest machen kann, wird mal eben ein ganzes Gremium in Sippenhaft genommen und werden alle Personen unter Generalverdacht gestellt. Damit verliert das Wesen der Missbilligung seinen Zweck als Ordnungs- oder Disziplinierungsinstrument, sagt Thiele.
Und weil das nun auch noch öffentlich geschieht – hier und heute – ist dieser Beschluss ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Da hilft es auch nicht, dass die Mehrheit der hier anwesenden Abgeordneten bereit ist, sich selbst verbal abzustrafen. So ein Beschluss ist diskriminierend, er schafft eine Atmosphäre des Mißtrauens und ist geeignet, eine kollegiale Zusammenarbeit in den Ausschüssen zu beeinträchtigen.
Aber vielleicht ist ja genau das gewollt. Denn es ist ja Wahlkampf. Und das Thema Zentralklinik und der Umgang mit dem Bürgerbegehren das zentrale Problem und der Aufreger schlechthin. Da stehen diejenigen, die es aus formalen Gründen abgelehnt haben, einfach schlecht da.
Denn es geht ja nicht mehr nur um Zentralklinik ‚ja‘ oder ’nein‘, sondern um direkte Bürgerbeteiligung ‚ja‘ oder ’nein‘. Und insofern ist die Absicht klar: Es sollen vor allem die Verfechter*innen eines transparenten Verfahrens in Form eines Bürgerbegehrens treffen. Wenn man sie schon nicht mit Argumenten widerlegen kann, dann kratzt man eben ein wenig an ihrer Reputation.
So ein Beschluss ist geeignet, Spekulationen aller Art hervorzurufen, Rechtfertigungsreflexe freizusetzen und Vorverurteilungen vorzunehmen, nach dem Prinzip „Irgendetwas wird schon dran sein“ oder „irgendwas wird schon hängenbleiben“. Nichts anderes bedeutet der Ausspruch von Landrat Weber in der Presse, dass er zwar keine Beweise aber „Vermutungen“ hätte.
Herr Landrat, entweder Sie nennen uns konkrete Namen, weil Sie es beweisen können oder Sie sorgen dafür, dass dieser untaugliche Versuch, gewählte Abgeordnete zu disziplinieren und diskreditieren, nicht gefaßt wird.
Bei uns verfängt diese Strategie nicht und wir sind nicht bereit, dieses Verfahren zu akzeptieren und werden uns dagegen zur Wehr setzen.
Der Antrag des Landrates im Wortlaut:
Beschlussvorlage Rüge KT
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